Wir trauern um Otto Urban
Otto Urban, Jugendaktivist der ersten Stunde, Diözesanführer der KJ in Wien und seit 1990 Leiter des Dokumentationsarchivs des Kath. Jugendwerkes sowie Herausgeber der Vierteljahresschrift „DOKUMENTATION“ ist am 6.1.2024, knapp nach seinem 95sten Geburtstag gestorben.
Am 26.12.1928 geboren erlebte Otto – knapp 10jährig – die Machtergreifung der Nationalsozialisten und damit das Ende jeglicher, auch der katholischen, Vereinsaktivitäten in Österreich. Als junger Ministrant agierte er bald „im Untergrund“, wurde in seiner Heimatpfarre Wien-Rudolfsheim zum Oberministranten gekürt und organisierte im Geheimen Gruppentreffen der Kath. Pfarrjugend. Der Weg zum Dekanatsverantwortlichen und – nach Ende der Nazi-Herrschaft – zum Diözesanführer der neu gegründeten KJ in Wien war ihm vorgegeben. Gerade die heikle Gründungsphase der neuen KJ erlebte er hautnah mit, engagierte sich in den Auseinandersetzungen um die Ausrichtung der neuen „Jugend der Kirche“ und wuchs so zu einem persönlichen Vertrauten des Wiener Erzbischofs Kard. Dr. Theodor Innitzer heran. Dieser übertrug ihm und „seiner“ Kath. Jugend verantwortungsvolle Aufgaben im Umfeld des Wiederaufbaues des Wiener Stephansdomes und bei der Organisation und Gestaltung des Katholikentages 1952. Auch die Ausrichtung der Feierlichkeiten anlässlich des 50jährigen Priester- und 20jährigen Bischofsjubiläums des Wiener Erzbischofs lagen in Ottos Händen. Wir haben ihn so als engagierten Zeitzeugen dieser ersten Aufbau- und Aufbruchsphase der Katholischen Kirche in unserem Land kennen und schätzen gelernt.
Mit fortschreitendem Alter und unterstützt durch seine Ausbildung zum Lehrer wandte sich Otto zu Beginn der 1960er Jahre der Katholischen Erwachsenenbildung zu, nachdem er zuvor bereits eine Neugestaltung der so genannten „Ehevorbereitungskurse“ mit ins Leben gerufen hatte. Tätigkeiten als Referent und Autor von Artikeln in kirchlichen Medien waren die Folge. So nebenbei „sanierte“ er auch die spätere Hausdruckerei der ED Wien und hatte einige Jahre den Vorsitz im Jugendherbergswerk inne.
Ab Mitte der 1960er Jahre wandte er sich beruflich ganz dem Schuldienst zu, zunächst als Volksschul- und Hauptschullehrer, später dann als Dozent an der Pädagogischen Akademie und Fachlehrer an der HBLA für wirtschaftliche Berufe. Außerdem verfasste er Schulbücher für Wirtschaftliches Rechnen – und Chemie. Letztere sind bis heute in der Oberstufe höherer Schulen im Einsatz.
Das Interesse an der Arbeit und den Entwicklungen von Kath. Jugend und Jungschar war ungebrochen und so ist es wohl kein Zufall gewesen, dass ihn Rudolf Richter – erster Bundessekretär der Kath. Jugend und Mitbegründer des Dokumentationsarchivs – im Jahr 1990 mit einer neuen Aufgabe betraute: der Konzeption eines Publikationsorgans für eben dieses neugegründete Archiv. Das erste Heft der Vierteljahresschrift „DOKUMENTATION“ erschien im März 1991 und seitdem in ununterbrochener Reihenfolge bis zum heutigen Tag unter der Schriftleitung und Herausgeberschaft von Otto Urban.
Und nicht nur das: Otto’s wichtigstes Anliegen war die Kontaktnahme mit den vielen ehemaligen Mitarbeiter*innen von KJ und Jungschar, auf Bundes- und Diözesanebene, egal ob haupt- oder ehrenamtlich tätig. Auf seine Initiative geht es zurück, dass ein Teil der Publikation immer auch aktuellen Geburtstagsgrüßen gewidmet ist, vermehrt auch aktuellen Todesnachrichten. Otto ließ es sich bis zum Schluss nicht nehmen, den ihm bekannten Jubilar*innen zu runden Geburtstagen auch noch persönliche Glückwünsche in Briefform zu übermitteln. Wo immer er rechtzeitig Kenntnis vom Ableben einer/eines Ehemaligen erlangt hatte, trachtete er danach auch persönlich an deren/dessen Begräbnis teilzunehmen und musste er dafür auch quer durch Österreich reisen.
Je älter er wurde, desto kritischer und wohl auch trauriger sah und empfand er die (Nicht-)Entwicklungen der Katholischen Kirche. Otto verstand sich als autonomer und selbstbewusster katholischer Laie, der keine Scheu hatte, Bischöfen freundlich, aber bestimmt seine Meinung zu sagen oder zu schreiben. Wie so viele seiner und nachfolgender Generationen verstand er das II. Vat. Konzil als Auftrag zur Veränderung und Modernisierung unserer Kirche und sah auch sich selber dazu gerufen – wenn auch zunehmend ungeduldiger – einen entsprechenden Beitrag dafür zu leisten.
Vielleicht war es ihm persönlich „unangenehm“, aber es war nur konsequent und passend, dass es der Kath. Jugend gelang, für Otto Urban anlässlich seines 90sten Geburtstages im Jahr 2018 eine kirchliche Auszeichnung in Form des päpstlichen „Ritterkreuzes des Silvester-Ordens“ zu erwirken. Dieser Orden wird ausdrücklich für Leistungen zum "Wohlergehen und Wachstum der Kath. Kirche" verliehen. Eine symbolische Anerkennung für Otto’s vielgestaltiges Wirken in, mit und für unsere Kirche.
Auch wenn seine Beweglichkeit in den letzten Monaten sichtlich eingeschränkt war, das Gehen ihm Mühe und Schmerzen bereitete: geistig blieb er fit, neugierig für alles, was sich so in Welt und Kirche tat – und stets ein aufmunterndes Wort oder einen passenden Scherz bereit.
Wir können eigentlich nur „Danke schön“ sagen, oder vielleicht besser „Vergelt’s Gott“. Möge unser guter Gott ihm eine neue Heimstatt geben – requiescat in pace!
[Otto Kromer, 11.1.2024]