Rechtliche Infos
Rechtsfragen in der Jungschararbeit
In der Jungschararbeit tauchen immer wieder Situationen auf, wo Antworten auf rechtliche Fragen nötig sind. Hier sind die wichtigsten und häufigsten Fragen für dich zusammengefasst.
Die wichtigsten Rechtsgrundlagen in der Jungschararbeit
Was bedeutet Haftung?
Die Frage der Haftung (= das Einstehen-Müssen für ein Verhalten, dass man selbst gesetzt oder auch unterlassen) tritt dann auf, wenn ein Schaden entstanden ist und Eltern (als rechtliche Vertreter/innen ihrer Kinder) in der Folge Gruppenleiter/innen zur Verantwortung ziehen wollen. Ob einem*r Gruppenleiter*in ein entstandener Schaden vorwerfbar ist und er/sie demnach für diesen Schaden einstehen und Ersatz leisten muss, richtet sich nach den rechtlichen Grenzen der Aufsichtspflicht.
Was bedeutet Aufsichtspflicht?
„Die Pflege des minderjährigen Kindes umfasst besonders die Wahrnehmung des körperlichen Wohles und der Gesundheit sowie die unmittelbare Aufsicht, (und) die Erziehung…“ (§ 146 Abs 1 ABGB).
Grundsätzlich übernehmen die Eltern (Erziehungsberechtigten) die Aufgabe, sich bestmöglich um ihr Kind zu kümmern bis es volljährig ist, d.h. das 18. Lebensjahr vollendet hat. Allerdings können auch Eltern nicht immer selbst auf ihr Kind aufpassen. Ist ein Kind also z.B. in der Gruppenstunde oder fährt es auf ein Jungscharlager mit, geht diese Aufgabe teilweise auf die dort anwesenden Gruppenleiter*innen über.
Wer kann die Aufsichtspflicht übernehmen?
Grundsätzlich jede*r, der*die selbst volljährig ist, und dem*r die Aufsichtspflicht von den Eltern für eine bestimmte Zeit übertragen wurde. Gruppenleiter*innen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, stehen selbst noch unter Aufsicht. In vielen Pfarren leiten auch schon jüngere Gruppenleiter*innen eine Jungschargruppe oder fahren als Helfer*innen oder als Gruppenleiter*innen auf Jungscharlager mit. Gegen diese Praxis spricht nichts, solange auch genügend volljährige Gruppenleiter*innen anwesend sind und die Eltern auf diese Situation hingewiesen wurden. Denn sie alleine entscheiden, ob sie genug Vertrauen in die Organisation haben und der Jungschar ihr Kind anvertrauen wollen.
Am Lager ist es die Aufgabe des*der volljährigen (!) „Letztveranwortlichen“ (z.B. des*der Lagerverantwortlichen oder des*der Pfarrverantwortlichen), zu entscheiden, ob auch die jüngeren Gruppenleiter*innen für bestimmte Aufgaben eingesetzt werden und ob man sich auf sie verlassen kann. Dabei ist zu beurteilen, ob die jüngeren Gruppenleiter*innen grundsätzlich verlässlich, verantwortungsbewusst und eigenverantwortlich genug sind, um auf Kinder aufzupassen.
Im Sinne des Jugendschutzgesetzes gelten unterschiedliche Rahmenbedingungen, die du dir vor Beginn eines Ferienlagers bzw. bevor du eine Gruppe übernimmst anschauen solltest.
Wie alt sollten Gruppenleiter*innen sein?
Gruppenleiter*innen sollten mindestens 16 Jahre alt sein. Zum einen ist es wichtig, dass genügend Altersunterschied zwischen Kindern und Leiter*innen besteht und diese Grenzen nicht verschwimmen. Eine „Hierarchie“ ist auch für Kinder wichtig, damit sie sich darauf einstellen können, auf wen sie hören müssen. Zum anderen soll diese Altersgrenze auch den jüngeren Gruppenleiter*innen helfen, dass sie mit ihrer neuen Aufgabe nicht überfordert werden.
Damit (jüngere) Gruppenleiter*innen ihre Aufgaben und Verantwortung gut übernehmen können, ist eine pädagogische Grundausbildung eine gute Hilfe. Es ist sinnvoll, zum Beispiel an einem Jungschar-Grundkurs teilzunehmen, um gut in diese besondere neue Rolle zu finden. Infos zu Jungschargrundkursen erhältst du in deinem diözesanen Jungscharbüro..
Wann beginnt die Aufsichtspflicht und wann endet sie?
Grundsätzlich beginnt bzw. endet die Aufsichtspflicht ab dem Zeitpunkt, ab dem die Erziehungsberechtigten ihre eigene Pflicht an die Gruppenleiter*innen übertragen bzw. diese wieder übernehmen. Beginn und Ende der Aufsichtspflicht können mit den Eltern auch ausdrücklich vereinbart werden, z.B. schriftlich am Anfang des Jahres: „Wir übernehmen die Aufsicht für Ihr Kind von Beginn bis Ende der wöchentlichen Gruppenstunde.“
Wurde keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, spielen das Alter der Kinder und die üblichen Gepflogenheiten eine wichtige Rolle: Ältere Kinder können meist schon allein nach Hause gehen, jüngere müssen auf jeden Fall vom*von der Gruppenleiter*in so lange beaufsichtigt werden, bis sie jemand wieder abholt. Auf einem Jungscharlager, Ausflug etc. besteht die Aufsichtspflicht von Beginn der Veranstaltung (abgeben durch die Erziehungsberechtigten) bis zum Ende (abholen durch die Erziehungsberechtigten).
Aufsichtspflicht am Jungschar- bzw. Mini-Lager
Auch in den Pausen, in der Nacht, in der Freizeit am Jungschar- oder Mini-Lager etc. gilt die Aufsichtspflicht. Dabei ist zu beachten, dass bei der Erfüllung der Aufsichtspflicht an Gruppenleiter*innen kein strengerer Maßstab angelegt werden darf als an die Eltern selbst: Auch Eltern können ihre Kinder nicht rund um die Uhr bewachen, werden aber alles ihnen Mögliche tun, um gut für die Kinder zu sorgen. So reicht es normalerweise aus, die Kinder ins Bett zu bringen, zu kontrollieren, ob sie auch in ihrem eigenen Bett eingeschlafen sind und ihnen am Anfang des Lagers zu sagen, an wen sie sich wenden können, wenn sie etwa in der Nacht Angst haben.
Wann ist die Aufsichtspflicht erfüllt?
Die Aufsichtspflicht erfüllt, wer Kinder vor Gefahren und Schäden schützt, wer Schäden, die vom Kind selbst ausgehen können, unterbindet, wer Situationen nach bestem Wissen und Gewissen richtig einschätzt und wer dementsprechend pädagogisch handelt.
Alles dokumentieren!
Rechtliche Probleme und die Frage der Haftung treten immer dann auf, wenn etwas passiert ist und Erziehungsberechtigte in der Folge Gruppenleiter*innen zur Verantwortung ziehen wollen. In den meisten Fällen ist es möglich, mit den betroffenen Eltern und Kindern Lösungen zu finden, ohne vor Gericht zu gehen. So sind z.B. viele Sachschäden von diversen Versicherungen gedeckt.
Für den Fall, dass es dennoch zu einem Gerichtsprozess kommt, solltest du bereits im Vorfeld Folgendes beachtet haben: Meist wird von Eltern (als gesetzliche Vertreter*innen ihrer Kinder) Schadensersatz in Form von Geldleistungen (bei Verletzungen auch in Form von Renten) eingeklagt. In einem Prozess hat der*die Richter*in zu prüfen, ob dem*der belangten Gruppenleiter*in sein*ihr Verhalten vorwerfbar ist (Frage der Schuld). Der*die Richter*in wird Erkundigungen anstellen, wie das Lager im Allgemeinen organisiert war, welche Vorkehrungen getroffen wurden, um Unfälle und Zwischenfälle zu vermeiden, wie verantwortungsbewusst die Gruppenleiter*innen mit den Kindern umgehen etc. Die Eltern müssen beweisen, dass der*die Gruppenleiter*in seine*ihre Aufsichtspflicht nur unzureichend wahrgenommen hat. Der*die Gruppenleiter*in versucht, das Gegenteil nachzuweisen. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung entscheidet der*die Richter*in, ob ein schuldhafter Verstoß der Aufsichtspflicht vorliegt bzw. ob ein allfälliges Mitverschulden der geschädigten Person besteht.
Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, alles zu dokumentieren, was später einmal relevant sein könnte, z.B. Protokolle von Nachbesprechungen anlegen, aus denen ersichtlich ist, wer welchem Kind seine Medikamente gibt, wer an welchem Abend absolut nüchtern war, um im Notfall mit dem Auto zu fahren, wer mit einem Kind beim Arzt/Ärztin war, wer mit den Eltern telefoniert hat, welche „zwischenmenschlichen“ Probleme zwischen Kindern aufgetreten sind etc.
Ebenfalls sollten Rechte und Pflichten von Gruppenleiter*innen schriftlich festgehalten werden, um zu zeigen, dass man sich der Verantwortung bewusst ist und sich über mögliche Probleme und deren Vermeidung schon im Vorfeld Gedanken gemacht hat. Solche internen Richtlinien sprechen im Falle eines Prozesses für sich und können den einzelnen Gruppenleiter*innen sehr zugute kommen.
Was tun bei Krankheit und Verletzungen?
Natürlich ist es deine Pflicht, in jedem Fall sofort Erste Hilfe zu leisten. Wir empfehlen eine Erste Hilfe-Schulung für alle Gruppenleiter*innen im Vorfeld des Ferienlagers.
Vor jeder Verabreichung von Medikamenten muss Kontakt mit den Eltern aufgenommen werden. Müssen Kinder regelmäßig Medikamente einnehmen, empfehlen wir eine schriftliche Bestätigung der Eltern einzuholen. Im Zweifelsfall eine*n Arzt/Ärztin kontaktieren.
Wie ist das mit dem Jugendschutzgesetz?
In Österreich ist der Jugendschutz nicht einheitlich geregelt. Alle neun Bundesländer haben eigene Jugendschutzgesetze. Für Kinder und Jugendliche gilt immer das Gesetz jenes Bundeslandes, in dem sie sich gerade aufhalten.
Weiterführende Infos findest du hier.