Geschichte der Jungschar
Gründungsgeschichte und Auftrag
Seit 1947 besteht die Katholische Jungschar als Kinderorganisation der Katholischen Kirche in Österreich.
Am 2. Oktober 1946 fassen die österreichischen Bischöfe den grundsätzlichen Beschluss, der kirchlichen Jugendarbeit einen neuen strukturellen Rahmen zu geben. Statt einer Vielzahl katholischer Vereine soll künftig die „Katholische Jugend“ als einzige offiziell im Auftrag Bischöfe und innerhalb der Strukturen der Katholischen Kirche tätige Jugendorganisation auftreten und sich um die Erfassung und Aktivierung aller katholisch getauften Kinder und Jugendlichen in Österreich bemühen.
Zur konkreten Umsetzung dieses Beschlusses richten die Bischöfe zugleich eine Zentralstelle für die kirchliche Kinder- und Jugendarbeit ein: Das Katholische Jugendwerk Österreichs (KJWÖ) wird am 20. November 1946 gegründet und ist bis heute als Dachorganisation für die Bundeszusammenarbeit der österreichischen Diözesen in Fragen der Kinder- und Jugendpastoral verantwortlich.
21.6.1953: Jungschartreffen der ED Wien, Feldmesse auf dem Sportplatz der Schulbrüder in Wien-Strebersdorf (Dokumentationsarchiv KJWÖ)
Die Zielsetzungen des Richtlinienbeschlusses der Bischofskonferenz lassen sich folgendermaßen kurz zusammenfassen:
- Die „Katholische Jugend“ soll nicht als eigenständiger Verein tätig sein, sondern als fester Teil der kirchlichen Aufbauorganisation (Pfarre, Dekanat, Diözese, Bundeszusammenarbeit).
- Die „Katholische Jugend“ soll – inhaltlich wie organisatorisch – einheitlich agieren.
- Die „Katholische Jugend“ soll „nach Art einer Jugendbewegung“ tätig werden, um Mädchen und Burschen nicht nur spirituell, sondern ganzheitlich anzusprechen.
- Die „Katholische Jugend“ soll in all jenen Fragen, welche die Lebensrealitäten von Heranwachsenden betreffen, öffentlich Stellung nehmen und gesellschaftspolitisch aktiv werden.
1970er: Sternsingergruppe in der Wiener Innenstadt unterwegs (Archiv KJSÖ)
Die „Katholische Jungschar“ war ursprünglich als „Kinderstufe“ der „Katholischen Jugend“ gedacht und mit der unmittelbaren Erfassung, Bildung und Betreuung der 8- bis 14-jährigen Mädchen und Buben beauftragt. Konzeptionelle Überlegungen wurden in entsprechenden Arbeitskreisen beraten und führten aufgrund pädagogisch-pastoraler Überlegungen zur Gründung einer eigenständigen „Teilorganisation“ im Oktober 1947. Die Kooperation und inhaltliche Abstimmung mit der „Katholischen Jugend“ unter dem Dach des KJWÖ besteht bis zum heutigen Tag. Ebenso ist der Richtlinienbeschluss der Österreichischen Bischofskonferenz bis heute Grundlage für die Tätigkeit als Kinderorganisation der Katholischen Kirche in Österreich.
Bis zum Beschluss eines neuen Jungschar-Statutes im Jahr 1970 organisierte sich die „Katholische Jungschar“ in zwei – geschlechtergetrennten – Teilorganisationen, der „Bubenjungschar“ (BJS) und der „Mädeljungschar“ (MJS). Seitdem arbeitet die Katholische Jungschar auf allen Ebenen koedukativ, allerdings mit einem deutlich gendersensiblen Ansatz in pädagogischen und pastoralen Fragen.
1947: Coverbild des ersten Arbeitsbehelfes der Kath. Jungschar: „Mädel-Jungschar-Mappe“ – hrsg. Zentralführung der MJS, Redaktion: Wilhelmine „Willy“ Lussnigg (Dokumentationsarchiv KJWÖ)
Publikationen
Die Arbeit der Katholischen Jungschar wird auch von einer Reihe wissenschaftlicher Veröffentlichungen begleitet. Eine zusammenfassende wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte der Katholischen Jungschar Österreichs gibt es bis dato leider noch nicht. Allerdings können wir auf einige Publikationen verweisen, welche Teilbereiche unserer Arbeit gut darstellen:
Pichlbauer, Johann (1982): Die außerschulische Kinderkatechese und Kinderseelsorge in der ersten und zweiten Republik Österreich. Ein Beitrag zur Geschichte der Katechese. Dissertation Kath.-theol. Fakultät Karl-Franzens-Universität Graz. 2 Bde.
Johann Pichlbauer, Religionsprofessor und Pfarrer bietet in seiner umfangreichen Dissertation einen Vergleich zwischen mehreren katholischen Kinderorganisationen, welche nach dem Ende des Naziregimes in Österreich einen Beitrag zu religiöser Kindererziehung und Kinderseelsorge leisten. Detailliert beschrieben und vergleichend analysiert werden hier neben der „Katholischen Jungschar Österreichs“ auch die „Frohe Kindheit“, das „Österreichische Pfadfinderkorps St.Georg“, der „Jung-Reichsbund“ in Österreich sowie die „Pfadfinder und Pfadfinderinnen Österreichs“. Im Abschnitt über die Katholische Jungschar ist vor allem die Gründungsgeschichte sowie die historische Entwicklung bis zum Jahr 1982 dokumentiert.
Richter, Rudolf (1988): Führung und Erziehung in der Katholischen Jugend 1945-1960. In: Weinzierl, Erika (hrsg.) (1988): Publikationen des Instituts f. Zeitgeschichte. Serie II Studien, Dokumentationen Bd. 21; Edition Geyer, Wien- Salzburg
Rudolf Richter war von 1947 bis 1953 geschäftsführender Sekretär des Katholischen Jugendwerks Österreichs und Bundessekretär der Katholischen Jugend Österreichs. Als Zeitzeuge der Gründungsgeschichte und der ersten Aufbruchsjahre thematisiert er den grundlegenden Bildungsauftrag der Katholischen Jugend sowie dessen vielfältige Umsetzungsbemühungen innerhalb der von den Idealen einer Jugendbewegung getragenen Organisation.
Weirer, Wolfgang (1993): Aktuelle Chancen und Problemfelder der außerschulischen Kinderkatechese am Beispiel der Katholischen Jungschar Österreichs. Eine empirische Untersuchung. Dissertation, Kath.-theol. Fakultät Karl-Franzens-Universität Graz. 2 Bd
Wolfgang Weirer, Religionspädagoge und Mitarbeiter der Katholischen Jungschar Graz-Seckau, geht in seiner Dissertation der Frage nach, welche Möglichkeiten und Grenzen die außerschulische kirchliche Kinderarbeit im Blick auf katechetische Arbeit mit Mädchen und Buben bietet. Er nützt dazu das umfangreiche Datenmaterial einer Pfarrerhebung und Gruppenleiter/innen-Befragung, welche die Katholische Jungschar im Arbeitsjahr 1991/1992 österreichweit durchgeführt hat. Als ein Ergebnis seiner Forschungsarbeit fordert der Autor eine Neuausrichtung religiöser Bildung der Kinder in den Jungschargruppen, welche sich neben der traditionsgebundenen jahreszeitlichen Brauchtumspflege auch in die Bereiche von Kinderphilosophie und Kindertheologie vorwagt.
Csoklich, Fritz (hrsg.) (1997): Katholische Jugend. Sauerteig für Österreich. Leykam Verlag, Graz
Fritz Csoklich, Zentralführer der Katholischen Bubenjungschar in den Jahren 1951 bis 1954, hat in diesem Sammelband Beiträge unterschiedlicher Autor/innen zu ausgewählten Aspekten der historischen Entwicklung der Katholischen Jugend und Jungschar zusammengetragen. Aus Anlass des 50jährigen Bestehens unserer Organisation liegt hier ein facettenreicher Text vor, der einen guten ersten Eindruck in die historische Entwicklung der Katholischen Jugend bietet. Ein umfangreiches, einigermaßen vollständig datiertes Personenregister zeigt auf, dass eine Reihe von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ihr politisches Wirken in den Reihen von Katholische Jungend und Jungschar begonnen haben.
Magrutsch, Karin (2001): Das Erleben von Gruppe in der außerschulischen Kinderarbeit unter besonderer Berücksichtigung der Bedeutung des Gruppenleiters. Diplomarbeit Grund- und Integrativwiss. Fakultät Universität Wien.
Karin Magrutsch, Bildungsreferentin der Katholischen Jungschar Wien während der Jahre 1995 bis 2000 geht in dieser qualitativen Studie der Frage nach, wie Kinder selbst ihre Einbindung und ihr Mittun in einer Jungschargruppe erleben und welchen persönlichen Gewinn sie daraus beziehen. Ein besonderes Augenmerk richtet die Autorin dabei auf die komplexen Beziehungsstrukturen zwischen Kind und Gruppenleiter/in und schließt mit interessanten Empfehlungen für die zukünftige Arbeit der Katholischen Jungschar – gerade auch im Hinblick auf Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für die ehrenamtlich tätigen Gruppenleiter/innen.
Kromer, Ingrid; Hajszan, Michaela (2014): Jungschar-Studie 2014. Kinderpastoral in Österreichs Pfarren. Empirische Befunde und Analysen. Hrsg. Kath. Jungschar Österreichs, Eigenverlag Wien
Ingrid Kromer, Erziehungswissenschafterin und Jugendforscherin, und Michaela Hajszan, klinische Psychologin, legen in diesem Forschungsbericht quantitative und qualitative Ergebnisse einer vielschichtigen, über zwei Jahre dauernden Studie zur Arbeit der Katholischen Jungschar in Österreich vor. In besonderer Weise widmen sie sich der Frage, unter welchen Rahmenbedingungen kirchliche Kinderarbeit und Kinderpastoral in Österreichs Pfarren auch heute noch gut – und für die Kinder gewinnbringend – geleistet werden kann. Herausgearbeitet werden u.a. die besonderen Begleit- und Unterstützungsbedürfnisse, welche ehrenamtlich tätigen Mitarbeiter/innen ein entsprechend zufriedenstellendes Engagement in der Pfarre ermöglichen.